Betriebsfestigkeit und Lebensdauerberechnung von Zahnrädern

zurück
Aktuelles / Technik-Newsletter / Betriebsfestigkeit und Lebensdauerberechnung von Zahnrädern

Betriebsfestigkeit und Lebensdauerberechnung von Zahnrädern

Technik-Newsletter

Technik-Newsletter

Kegelraddesign ist gut etabliert. Die Optimierung der Flankengeometrie wird weltweit eingesetzt, um gute niedrige Geräuschemissionen sowie spezifische Werte der Oberflächen- und Biegespannung zu gewährleisten.

Aber wie steht es mit der Berechnung der Lebensdauer eines Zahnrades? KLINGELNBERG hat das bekannte Softwarepaket KIMoS (Klingelnberg Integrated Manufacturing of Spiral Bevel Gears) um ein Modul zur Berechnung der Lebensdauer eines Kegel- oder Hypoidradsatzes erweitert, das auf den neuesten F&E-Arbeiten zur Lebensdauerberechnung von Werkstoffen basiert.

Auf einen Blick:

TECHNIK-NEWSLETTER

  • Jede Stahlsorte kann einer bestimmten Anzahl von Lastzyklen für Oberflächen- und Biegebeanspruchung ausgesetzt werden. Abhängig von den einzelnen Fällen der Lastkollektive wird die Schadenssumme nach der Minerschen Theorie der kumulativen Schadenshypothese berechnet.
  • Da jeder Lastfall seine eigenen Verformungen der Getriebeelemente hat, wird ein lokaler Ansatz für jede Position der Eingriffsflanken implementiert. Dieser Ansatz berücksichtigt das individuelle Verlagerungsverhalten von Kegelrad- und Hypoidradsätzen.
  • Die Berechnung der Lebensdauer auf der Grundlage der Materialeigenschaften und der realen Geometrie der Flanken ermöglicht eine möglichst genaue Berechnung der Lebensdauer

Betriebsfestigkeit und Lebensdauerberechnung von Zahnrädern

TECHNIK-NEWSLETTER

Die Auslegung von Kegelrädern ist eine ziemlich komplexe Aufgabe. Im Gegensatz zu Stirnrädern wird immer ein Zahnradpaar entworfen. Der Entwicklungsingenieur muss viele gegensätzliche Zielsetzungen berücksichtigen. Dazu gehören unter anderem die Mindestabmessungen, maximale Tragfähigkeit, Geräuschminderung und Herstellbarkeit auf den Maschinen in der Produktion.

Ein Aspekt bleibt dabei häufig im Hintergrund: Wie ist es um die Betriebsfestigkeit des Zahnrads bestellt?

TECHNIK-NEWSLETTER

Betriebsfestigkeit und Lebensdauerberechnung von Zahnrädern

Wenn die maximale Belastung auf einem Zahn nicht die Belastungsgrenzen des Werkstoffs überschreitet, kehrt der Zahn wieder in seinen Anfangszustand zurück, nachdem die Last nicht mehr anliegt. Diese Annahme ist für mehrere hundert Belastungen zutreffend.

Wenn wir jedoch von mehreren Millionen Belastungen sprechen, dann treten Schäden an der Verzahnung bereits bei Belastungen weit unter den Belastungsgrenzen des Werkstoffs auf. Dieses Phänomen wird als Ermüdung bezeichnet. Das Prüfen der Betriebsfestigkeit ist eine zentrale Kompetenz von OEMs und Tier1-Lieferanten von Zahnrädern und erfolgt durch zeitaufwändiges Prüfen von Getrieben.

Diese Prüfungen werden mit einem empirisch definierten Lastkollektiv ausgeführt, welches dieselben Schäden bewirkt, wie sie unter realen Einsatzbedingungen in der Praxis entstehen. Eine der Maschinen, die für diese Dauerlaufprüfungen an Kegelrädern eingesetzt werden, ist der Oerlikon KegelradPrüfstand TS 30.

Was wäre, wenn man die Lebensdauer eines Kegelrads berechnen könnte, anstatt jede Auslegung mit hohem Kosten- und Zeitaufwand zu prüfen?

TECHNIK-NEWSLETTER

Betriebsfestigkeit und Lebensdauerberechnung von Zahnrädern

Mit der neuesten Version von KIMoS ermöglicht Klingelnberg die Berechnung der Lebensdauer eines Kegelradsatzes für gegebene Einsatzbelastungen sowohl für Face Hobbing Auslegung als auch für Face Milling.

Für die Berechnung der Betriebsfestigkeit eines Kegelrades müssen drei grundlegende Elemente bekannt sein: die präzise Form der Verzahnung, die Eigenschaften des Werkstoffs und das Laufverhalten des Radsatzes. Alle diese Elemente werden in KIMoS berücksichtigt. Die Berechnung der Betriebsfestigkeit erfolgt mithilfe der Miner-Regel auf Basis der linearen Schadensakkumulationshypothese.

Eine Kombination aus dem Lastkollektiv, der Belastungskonzentration auf der Zahnflankenoberfläche sowie der Biegebelastung im Zahnfuß und den zyklischen Spannungsdehnungseigenschaften des Werkstoffs ermöglichen eine Vorhersage der Schadensakkumulation eines Zahnradpaares. Wenn die Summe der Schadensakkumulation für Grübchen und Zahnbruch vorliegt, lässt sich die Lebensdauer des Kegelradsatzes durch KIMoS berechnen.

Um ein Lastkollektiv mit einer sehr begrenzten Anzahl an Lastfällen zu erzeugen, muss eine der Zählmethoden für die Lastzyklen verwendet werden. Wenn mit realen Lastbedingungen begonnen wird, die viele verschiedene Lastzyklen wie beispielsweise das Rainflow-Zählverfahren umfassen, können diese zyklischen Ereignisse gezählt werden. Dadurch ist es möglich, reale Einsatzbelastungszyklen mit einer stark begrenzten Anzahl an Lastfällen in ein Lastkollektiv umzuwandeln.

Wird die Berechnung der Lebensdauer von Zahnrädern künftig Dauerlaufprüfungen ersetzen?

TECHNIK-NEWSLETTER

Betriebsfestigkeit und Lebensdauerberechnung von Zahnrädern

Die Antwort lautet eindeutig nein. Die Berechnung der Betriebsfestigkeit ermöglicht jedoch das äußerst effektive Vergleichen verschiedener Auslegungen. Die erwartete Lebensdauer eines Zahnradpaares kann ziemlich präzise bewertet werden, wenn Daten zur Dauerlaufprüfung für eine der Auslegungen vorliegen.

Deshalb befähigt KIMoS den Entwicklungsingenieur, eine Auslegung zu erstellen, die nicht nur die Anforderungen hinsichtlich Geometrie und Geräuschentwicklung erfüllt, sondern auch die Ermüdungslebensdauer berücksichtigt.

Das folgende Beispiel zeigt zwei Auslegungen mit denselben Abmessungsdaten, aber unterschiedlichen Modifikationen der Zahnflankenform. Die Zahnrad-Daten sind z=13/38 Zähne, der äußere Teilkreisdurchmesser des Tellerrads ist 250 mm und der Hypoid-Achsversatz beträgt 20 mm.

Dieses Beispiel zeigt das Potenzial von Zahnflankenmodifikationen. Die linke Auslegung hat eine Lebensdauer von ca. 14.000 h die durch die Zahnfuß-Spannung am Ritzel begrenzt ist, während die rechte Auslegung eine Lebensdauer von ca. 34.000 h zeigt, wobei auch hier die berechnete Ausfallursache der Zahnbruch am Ritzel sein wird. KIMoS befähigt den Entwicklungsingenieur, nicht nur das Geräuschverhalten und die Lasttragfähigkeit zu optimieren, sondern vielmehr die Lebensdauer eines Radsatzes für gegebene Lastfälle zu optimieren. Dies eröffnet neue Potenziale bei der Leichtbauweise und ermöglicht effizientere und robustere Zahnradauslegungen.

Abb. 4: Lastkollektiv und Wöhlerkurven der Verzahnung ohne Zahnflankenmodifikation

Abb. 5: Lastkollektiv und Wöhlerkurven der Verzahnung mit Zahnflankenmodifikation